Von Strichmännchen und Pixie Cuts
Shownotes
IDR - Personenprofil Jost Zeindler: https://www.hkb-idr.ch/team/jost-zeindler
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Intro/Outro: Musik)
Arno Görgen: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Design Macht Gesellschaft, dem Designforschungspodcast des Institute of Design Research an der Hochschule der Künste in Bern. Mein Name ist Arno Görgen.
Eliane Gerber: Ich bin Eliane Gerber.
Jost Zeindler: Und ich bin Jost Zeindler.
Eliane Gerber: Jost, wie geht es dir? Bist du etwas aufgeregt?
Jost Zeindler: Ja, mir geht es gut. Danke. Ja, und ich bin in der Tat ein bisschen aufgeregt. Es ist heute ein Thema, wo ich zum Ersten Mal so in der Öffentlichkeit drüber spreche, außerhalb des Instituts. Und darauf freue ich mich.
Eliane Gerber: Ja, genau. Wir sprechen ja heute über dein aktuelles Forschungsprojekt oder die Forschungsthemen, mit denen du dich befasst. Und da geht es zentral um die Frage, wie Design Gender visuell konstruiert und dekonstruiert. In der Vorbereitung habe ich nach einem Beschrieb deines Projektes gesucht, habe aber gesehen, dass das wohl noch nicht online ist. Magst du uns einen ersten Überblick über das Projekt geben und wo du aktuell stehst?
Jost Zeindler: Ja, sehr gerne. Also das Projekt, das gesamte Projekt, in dem meine Dissertation eingebettet ist, das ist ein Projekt, das haben wir letzte Woche am Mittwoch eingereicht. Wir heißt in diesem Zusammenhang ich und Arne Scheuermann vom Institute of Design Research als Teil der Designforschung. Und Dann ist ein weiterer Teil aus der Universität Bern von dem Institut für Gesundheitsforschung sowie ein dritter Teil von der Fernuniversität Schweiz, der sich mit Rechtswissenschaften befasst. Da geht es allgemein um das Thema Nichtbinarität und dieses Thema wird aus eben diesen verschiedenen thematischen oder fachspezifischen Blickwinkeln beleuchtet. Mein Projekt ist jetzt ganz konkret mit der Designforschung befasst, und zwar mit der visuellen Rhetorik von nicht binären Geschlechtern. Ich habe dieses Thema schon in meiner Masterarbeit ein bisschen angeschnitten oder ich habe besser gesagt dieses Projekt, so wie es jetzt in diesem Forschungsprojekt eingebettet ist, als meine Masterarbeit gemacht. Masterdesign hier an der Hochschule der Künste Bern und habe das jetzt noch vertieft. Ja. Oder worum geht es darin konkret? Die visuelle Codierung binärer Geschlechter ist ja im öffentlichen Verständnis relativ klar verankert. Also so rosa und hellblau. Farb und Formensprache, die irgendwie sehr klar als männlich oder weiblich identifiziert werden können, wenn es um nicht binäre Geschlechter geht, also um alle Geschlechter, Geschlechter, Formen, die sich eben außerhalb oder zwischen dieser, diesen Begriffen männlich und weiblich bewegen? Gibt es sowas nicht? Also da gibt es kein erforschtes visuelles Verständnis dafür, wie diese Geschlechter codiert sind, wie die sich visuell ausdrücken, wie diese in der medialen Öffentlichkeit zum Vorschein kommen können. Und genau das ist ja ein bisschen die Problemlage, die wir versuchen damit zu adressieren, dass nicht binäre Geschlechter nach wie vor in der Öffentlichkeit, in eben öffentlichen Systemen wie Signaletik, aber auch in Werbung Unterhaltungsmedien Untervertreten oder halt nicht irgendwie klar kodiert sind. Und dass genau das Projekt versucht, so schließlich darauf abzuzielen, Wissen zu generieren darüber, wie nicht binäre Geschlechter dargestellt sind und wie sich visuelle Codierungen daraus ergeben. Aus geschichtlichen, aber auch aus soziokulturellen Hintergründen, die mit irgendwelchen Codes einhergehen. Ist das ein bisschen verständlich?
Arno Görgen: Jetzt ja, sehr verständlich, finde ich. Es zeigt mir aber auch vor allem, was für ein unfassbar riesiges Feld das ist und dass man erstmal auch vielleicht auch aus Forscherperspektive überwältigt ist, wenn man das Thema angeht. Was sind da Konzepte und Perspektiven, die für dich besonders hilfreich waren? Hier dieses Thema, also Repräsentation von Gender überhaupt erst einmal anzugehen. Also speziell im Hinblick auf nonbinäre Identitäten.
Jost Zeindler: Also grundsätzlich ist es eh ein Thema, womit ich mich schon länger beschäftige. Das habe ich vor. Das habe ich vor einigen Jahren bereits angefangen, als ich an der Hochschule der Künste in Zürich eine Masterarbeit angefangen habe. Ja, weil das einfach irgendwie was war, was in meinem Umfeld zum Vorschein gekommen ist. Wenn man irgendwie mit nichtbinären Menschen im Austausch ist, ist das ja eher ein sehr evidentes Phänomen, das nicht binäre Geschlechter einfach in der visuellen Gestaltung in der medialen Öffentlichkeit nicht zum Vorschein kommen. Die Konzepte, die ich hilfreich fand, um das kritisch zu analysieren aus Design, Forschungsperspektive und das haben wir jetzt an verschiedenen Stellen schon in diesem Podcast gehört, ist die visuelle Rhetorik. Da werden wir hoffentlich im Verlauf dieser Staffel mal noch mehr und ein bisschen genauer drüber hören. Aber dabei geht es grundsätzlich darum, Wirkzusammenhänge in bildlichen Darstellungen zu analysieren Mithilfe eben des Konzepts der Rhetorik aus den Sprachwissenschaften. Korrigiert mich, wenn ich da falsch was falsch erkläre.
Eliane Gerber: Genau. Rhetorik ist ja genau, ist ja schon sehr alt. Und es ist ja nicht nur in Sprachwissenschaften, sondern das war schon damals. Also ging es primär um die zwar, um die, um die politische Rede, aber das wurde dann auch übersetzt auf auf Theater, auf Musik, auf, auf, aber auch auf bildende Künste. Genau. Und von daher. Und das ist dann aber eine Zeit lang recht verschwunden. Oder er wurde auch sehr kritisch gesehen in der Kunst, Gerade als diese Ideen vom ja, vom vom Künstler als Genie. Da war, dann waren Regeln, wie man bestimmte Wirkungen erzeugt, nicht mehr so gefragt. Und ist aber eigentlich für für, fürs Design, was wichtig ist und eben vielleicht wirklich in so Ideen in der Sprache am meisten auch überlebt.
Arno Görgen: Wenn ich kurz ergänzen darf auch in den Game Studies, in denen ich ja unterwegs bin, ist der Begriff mittlerweile als analytischer Begriff relativ wichtig geworden, weil durch Ian Bogost vor mittlerweile auch schon 18 Jahren ungefähr der Begriff der prozeduralen Rhetorik, der sehr wichtig geworden ist. Also dieses systemische Erzählen und eben rhetorisch Überzeugen über Prozesse, die man in der Kunst, in dem Fall im Computerspiel erzählt. In dem Zusammenhang möchte ich auch nur ganz kurz anmerken Ich hatte spiele jetzt gerade Dragon Age The Veilguard und da gibt es auch einen Nonbinary Character, Tash, ist jetzt zu dem Zeitpunkt noch eindeutig als Frau definiert. Man merkt aber, da ist dann durch Gespräche, durch Umwelteinflüsse, durch Environmental Storytelling usw wird hier quasi dieser Übergang zum nonbinary character Da vorbereitet und eben diese, dieses nach und nach etwas einleiten als Prozess, dass es eben genau mit diesem Ritual gemeint.
Eliane Gerber: Ich finde, ich finde es sehr spannend, eben jetzt dieses konkrete Beispiel Ich ich müsste mir jetzt das Bild dazu anschauen, auch wie das dann visuell funktioniert. Aber vielleicht können wir da auch noch mal drauf zurückkommen. Später. Jost, magst du? Gibt es noch weitere Konzepte, jetzt vielleicht auch außerhalb das Design oder die Designforschung, die, die relevant für das Projekt sind? Das wäre so meine eigene Frage. Und die andere vielleicht auch Wo hast du im Moment stehst mit dem Projekt auch vielleicht, was du durch den Master bereits gemacht hast?
Jost Zeindler: Ich glaube, ich beantworte erstmal deine zweite Frage damit Beantwortet sich auf eine Art und Weise auch schon die erste. Was ich im Master gemacht habe, war eine Reihe an Vorstudien zu machen, indem ich so ein bisschen ein methodologisches methodologischen Rahmen mir zurechtgeschustert habe und so ein bisschen, ja ein Vorgehen entwickelt habe, wie ich auch dann in diesem Forschungsprojekt vorgehen will. Und das hat insofern stattgefunden, dass ich mir einen Korpus gesammelt habe mit visuellen Beispielen von bereits existierenden nichtbinären Charakters aus Unterhaltungsmedien, aus Filmen, aus Games, wie eben dieses Beispiel von Trash, was du gerade genannt hast, Arno. Das ist mir natürlich auch untergekommen in meiner Recherche. Da habe ich die erst mal gesammelt und dann aufgrund einiger bestimmter visueller Parameter so analysiert, aufgeschlüsselt und geordnet. Also das heißt, ich habe mir angeguckt, was haben diese Charaktere zum Beispiel für Haarschnitte, was haben die für Haarfarben, was tragen die für Kleidung, wie sind die morphologisch dargestellt oder so im Sinne von was haben die für Körperformen? In welchen Kontexten werden sie gezeigt? Wie sind so Körpersprachen, Bildsprachen, Geschlechterrollen oder soziale Rollen wie zum Beispiel eben einen Beruf, eine Tätigkeit genauso versucht irgendwie alles, aber auch so ein bisschen unabhängig von einem Geschlechterblick, sondern von einem rein analytisch deskriptiven Blick mal zu betrachten.
Eliane Gerber: Kannst du das noch ein bisschen ausführen? Was, was du meinst, wenn du sagst unabhängig von dem Geschlechterblick?
Jost Zeindler: Also das heißt, dass ich versuche, in dieser Analyse erst einmal darauf einzugehen. Also diese Person oder dieser Charakter trägt diese und diese Kleidung trägt diese und diese Frisur ist in diesen Farben Formen dargestellt, aber nicht direkt schon auf Zuschreibungen.
Eliane Gerber: Also zu sagen, das ist die Farbe, aber die Farbe nicht direkt mit weiblich oder männlich zu verknüpfen.
Jost Zeindler: Genau. Also möglichst einfach nur so eine Beschreibung unabhängig von von dem Geschlecht vorzunehmen.
Arno Görgen: Dabei geht es dann aber tatsächlich also vorwiegend nur um die visuellen Komponenten, oder? Also ich frage deswegen also unser Thema ist ja Design mit allen Sinnen. Ich frage deswegen, weil ich ein bisschen so im Hinterkopf auch hatte, wie zum Beispiel die Stimmen oder die Lautäußerungen dieser Figuren sein könnten.
Jost Zeindler: Das ist ein legitimer Punkt und das ist gerade wenn es um Unterhaltungsmedien geht, natürlich ein Punkt, den muss man mit einschließen. Den habe ich jetzt aber in dieser Analyse erstmal nicht mit eingeschlossen und mich wirklich erstmal auf rein visuelle Parameter beschränkt. Wenn wir aber weitergehen in meine Forschungsarbeit im Rahmen meiner Dissertation, ist das natürlich was, was definitiv eine Rolle spielen muss.
Eliane Gerber: Genau. Auch wenn das jetzt etwas worauf worauf du gerade noch nicht geschaut hast, zeigt es eben doch auf, auf wie vielen verschiedenen Ebenen Design wir mit Design auch im Schlusswort Gender GenderKommunizieren und konstruieren zu können.
Jost Zeindler: Ja, ganz genau. Und das zeigt dann halt irgendwie ja, was alles irgendwie dazugehört zu so einem ganzheitlichen Bild von Geschlecht, von dem wir letzten Endes auch irgendwie diese diese Wahrnehmung haben. Um dann noch mal weiter zu gehen in meinen Vorstudien. Ausgehend aus dieser Analyse habe ich mir dann so ein bisschen angeschaut Welches dieser Parameter finde ich jetzt gerade am interessantesten? Was möchte ich mir erst mal tiefergehend anschauen? Weil irgendwie in so einer Masterarbeit hat man ja nur sehr limitiert Zeit. Und es geht auch noch gar nicht darum, so mega tiefgreifend und erkenntnisorientiert zu forschen. Und da habe ich mir dann die Haarschnitte ausgesucht, weil ich den Eindruck hatte, dass das so ein sehr wirkmächtiges Element war in den Darstellungen, die ich mir angeschaut habe. Und dann habe ich mich weiter darauf konzentriert. Das heißt, ich habe dann die noch mal genauer unter die Lupe genommen und habe mir jetzt in all diesen Beispielen angeguckt. Welche Haarschnitte kommen zum Beispiel am meisten vor? Ich habe ja eben gesagt, ich habe vorher versucht zu beschreiben, welche Haarschnitte die tragen. Dann konnte ich mir das alles irgendwie so quantitativ rausspielen lassen. So und so viele Beispiele haben einen Bob Cut oder haben einen Scheck oder einen Pixie Cut oder whatever und habe dann mit die. Ich glaube es waren fünf zentralsten Haarschnitte oder Haartypen mal noch mal rausgenommen und dient dann noch mal genauer angeschaut und dann versucht aus den Wirkzusammenhänge rauszulesen. Also dann quasi dieses Prinzip der rhetorischen Designanalyse, da ein bisschen verfolgt, ein erstes Mal, das ich mir angeschaut habe Was bewirken diese Haarschnitte auf einer visuellen Ebene? Was sind die tiefer liegenden Konnotationen, die da drin stecken, wenn wir uns diese Haarschnitte anschauen?
Arno Görgen: Heißt das also ich, Ich frage jetzt, weil wir bei unseren Game Studien meistens so eine Methodologischen Ansatz verfolgen, der einerseits Production Studies, Inhaltsanalysen, aber auch die Rezeptionsanalyse quasi verfolgt. Also der Kontext des Inhalts ist für uns unheimlich wichtig. Was? Wo kommt es her und wo geht es hin? Sozusagen höre ich da so ein bisschen raus, dass das bei dir auch so ist?
Jost Zeindler: Ja, definitiv. Also das ist ja letzten Endes genau das Entscheidende, auch der Kontext des Ganzen. Ich muss jetzt an dieser Stelle sagen eben, ich habe mich in dieser Analyse für diesen methodologischen Rahmen zu entwickeln, jetzt auf diesen einen Parameter eingeschossen. Aber das ist, wenn man das wirklich ganzheitlich analysieren muss, dann muss man oder wenn man das wirklich ganzheitlich analysieren will, dann muss man sich das alles im Kontext anschauen.
Eliane Gerber: Also das heißt eben, dass eben Frisuren sich über über Zeit ändern, regional ändern usw und dass man das Sample dann entsprechend einordnen muss, oder? Genau. Magst du ein bisschen noch drüber sprechen? Jetzt bei der Analyse, die du gemacht hast. Auf was für Thesen du gekommen bist. Bezüglich der Wirkmechanismen.
Jost Zeindler: Also ich kann da ein Beispiel bringen. Jetzt etwa von Bobcat und von Pixie Cut. Weil die gehen sehr in eine ähnliche Richtung. Da ist ein Wirkzusammenhang, den wir, den ich gefunden habe oder der sehr interessant ist, ist etwa, dass der Bobcat. Das ist ein Haarschnitt. Ich weiß nicht, ob ihr da ein Bild vor Augen habt, aber das ist ein grundsätzlich, um in Binären in binärer Terminologie zu reden. Ein Frauenhaarschnitt, der so ungefähr Schulterlänge hat, der wurde Anfang des 20. Jahrhunderts das erste Mal so populär gemacht. Das war so ein ganz distinktives Symbol für die Flapperbewegung. Wenn euch das was sagt, die Flapperbewegung, das war so eine. Ja, ich würde schon sagen, das kann man als Subkultur beschreiben. Das war eine feministische Bewegung, die sich klar gegen diese First Wave SuffragettenBewegung gewendet hat. Das waren Frauen, die sich eben stärker auf so eine Freiheit oder eine Befreiung auf einer privaten, persönlichen Ebene eingesetzt haben, indem sie eben nicht zu diesen traditionell Braven in Anführungszeichen Frauenbild entsprachen, sondern eben irgendwie sich ebenso erlaubt haben, exzessiv hedonistisch zu leben. Eher auf eine sexuelle Befreiung der Frau plädiert haben. Und das ist damit sehr stark verknüpft. Dieses Bild von der Flatterbewegung als eine emanzipatorische Bewegung, die sich gegen damals zeitgenössische Geschlechterbilder gewendet hat. Und insofern hat das so einen, auch wenn das vielleicht nicht so ganz eindeutig darin feststeckt, ist das trotzdem was, was da mitschwingen kann, dass das so eine Verbindung zu dieser transformativen Formativen Bewegungen, hat.
Eliane Gerber: Also einerseits einen historischen Bezug und dann aber vielleicht durchaus im Schnitt selber bestimmte visuelle Charakteristiken, die eben die damals gängigen Vorstellungen von Weiblichkeit auch visuell kontrastiert.
Jost Zeindler: Ganz genau. Und Ähnliches. Ja, eben dieses Beispiel von Pixie Cut, auch das ist ebenfalls. Ist das so eine Beschreibung für eigentlich einfach einen Kurzhaarschnitt für Frauen? Das ist ganz, ganz berühmt. Ist Audrey Hepburn als Beispiel für diesen Haarschnitt und an ihr kann man das zum Beispiel auch auch aufhängen. Da haben wurde auch schon drüber geschrieben von Audrey Hepburn als feministische Figur, die sich das ist dann ein paar Jahrzehnte später als die Schlepperbewegung, aber die sich dann auch wieder im Rahmen von feministischen Welle aus den 60er Jahren zum Beispiel eben wieder in so ein emanzipatorisches Bild einfügt.
Arno Görgen: Ich muss da ganz stark an ein Konzept denken, das wir auch in unserem ehemaligen Projekt Horror Gamepolitics sehr stark benutzt haben, nämlich den Begriff des Mythos, also Roland Barthes. Alltagsmythen. Die Idee des Mythos ist in dem Fall, dass es bestimmte Entitäten gibt, wie eben zum Beispiel so ein Haarschnitt, der symbolisch überformt ist, der so eine ideologische Komponente hat, eine gewisse Semantik und der über die Zeit tradiert wird. Und dieser Originalkontext geht eben über die Zeit etwas verloren. Aber grundsätzlich bleibt dann zum Beispiel erhalten das weiß ich nicht, so ein Bobcat dann durchaus was von Widerstand sage ich jetzt mal in sich trägt, aber man gar nicht mehr genau sagen kann, wo es herkommt. Also dieses diese Verselbstständigung Ändigung des Mythos. Und diese Verselbständigung der Message, die dieser Ursprungs Haarschnitt hatte, obwohl man gar nicht mehr weiß, was jetzt genau der historische Hintergrund ist, das finde ich gerade in dem Fall total spannend und das freut mich auch, dass ich jetzt hier spontan noch mal unsere unsere alten Theorien da in den Raum werfen konnte.
Jost Zeindler: Ja, das ist sehr gut. Danke für diese Erklärung. Das ist genau auch dieses Konzept, eigentlich was, was dem eigentlich zugrunde liegt. Genau. Und noch so ein letztes Beispiel, was vielleicht gerade jetzt das vielleicht aktuellste ist. Und zwar ist das, dass gerade in so Internet Subkulturen oder in diesem es wird oft auch so als Subkultur betitelt, dass da so eine Ästhetik und eine Ausdrucksform rezykliert wird oder wieder aufgenommen wird, die sehr stark an so der Emo oder der Goth Bewegung aus den späten 90er oder Anfang 2000 er Jahre orientiert, die eben sehr stark auf so einen Außenseiter. Einen da sein transportiert sehr stark auf das Thema der mentalen Gesundheit, Depression, gesellschaftliche Ausgrenzung irgendwie abzielt, was dann selbst auch wieder Ausdrucksform einer gesellschaftlich marginalisierten Gruppe werden kann, oder? Das ist so eine These, die ich darin ebenfalls aufgestellt habe.
Eliane Gerber: Ist so in einem patriarchal binären Geschlechtersystem oder Geschlechterkonventionen wird ja sehr stark mit eben diesen Gegensatzpaaren gedacht, Also irgendwie stark, schwach, weich, hart, so Sachen, emotional kalt usw oder warm, kalt irgendwie so Sachen. Und jetzt bei dem, was du was du erzählst, kommt mir so die Frage okay, wie? Oder eine Möglichkeit jetzt ist, damit umzugehen wäre wie zu sagen gut, Wir, Wenn ich jetzt einen tendenziell weiblich gelesenen Körper habe, verstärke ich tendenziell die Sache oder übernehme und und eigne mir Aspekte an, die tendenziell männlich gelesen sind oder konnotiert sind, also und schaffe dadurch vielleicht auch eine Uneindeutigkeit, das sowieso als Möglichkeit. Also dieses Hin und Her und dieses Sichbewegen in und Zwischen und mit diesen Gegensatzpaaren. Und andererseits ist ja Nonbinarität durchaus auch kann als was, was, was auch Drittes, was das eben diese diese dieses binäre Spektrum dann aufbricht gedacht werden. Und da frage ich mich, was für also gibt es da auch Beispiele dieses dritten oder oder. Also was, was, was würdest du das sehen? Und eben auch vielleicht Was siehst du visuell, Was siehst du visuell nicht? Gibt es Dinge, die dir vielleicht da fehlen?
Jost Zeindler: Was mir da spontan in den Sinn kommt, ist genauso diese Dimension der Körperlichkeit, weil halt sehr vieles sich einfach über so quasi jetzt auch sehr binär geschlechtlich ausgedrückt so diese biologischen, männlich und weiblich gelesenen Körperformen definiert, dass man sich letztlich eben genau abtrennt von von Körper, von menschlichen Körperformen.
Eliane Gerber: Also heißt es dann, dass man nicht menschliche Körperformen sucht oder.
Jost Zeindler: Ja oder irgendwie genau diese versucht ein bisschen zu übersetzen oder oder halt komplett irgendwie zu ignorieren. Also das oder ich muss das vielleicht anders erklären. Ich finde das zum Beispiel gerade in so Fantasy Kontexten, dass auf eine Art und Weise vielleicht leichter fällt, aber dort einfach auch die Bildsprache da schon weiter ist als vielleicht in anderen Genres.
Eliane Gerber: Kannst du mir da ein Beispiel geben, das ich mir genau vorstellen kann, was du meinst? Also geht es darum, dass zum Beispiel nonbinäre Charaktere Tendenziell dann eben nicht. Nicht Menschen sind, sondern irgendwie eine andere Lebensform, oder? Weil das ist ja durchaus eine Gratwanderung, weil da auch ein Stück weit Entmenschlichung drin stattfindet, oder? Ja.
Jost Zeindler: Das ist natürlich was, was da mitschwingt. Und nein, so war das natürlich auch gar nicht gemeint, sondern eher, dass zum Beispiel in Medientiteln, wo sowieso die die Charaktere nicht als Menschen dargestellt sind, auch die männlichen und weiblichen oder männlich und weiblich gelesenen, dass da diese Sprache viel einfacher ist.
Arno Görgen: Der Möglichkeitsraum sozusagen zur ästhetischen Aushandlung ist irgendwie viel größer, was man da übersetzen kann, ohne dass es in irgendeiner Form negativ wertend wird.
Eliane Gerber: Oder wenn ich so den den queeren Diskurs auch beobachte, dann würde es da ja auch noch die Strategie geben zu sagen Dinge, die weiblich konnotiert sind, sind nicht inhärent weiblich.
Jost Zeindler: Ja, genau.
Eliane Gerber: Genau das, was du auch mit deiner Herangehensweise in der Forschung wie grundsätzlich von dem Punkt ausgehst und aber eben. Also ich finde es als Gestalterin dann auch interessant, darüber nachzudenken. Okay, und wie würde ich das visuell umsetzen? Und mir kommt jetzt gerade nicht ein konkretes Beispiel. Aber ja, ich finde es interessanter, über diese Gestaltungsstrategien nachzudenken.
Jost Zeindler: Ja, genau. Also es gibt in dem Sinn sehe ich so zwei verschiedene und du hast das eben eigentlich auch gerade schon ein bisschen treffend beschrieben. Eliane Es gibt da zwei Herangehensweisen. Die eine ist wir machen das ein bisschen so in diesem Butlerschen Sinn von Wir nehmen männlich und weiblich konnotierte Phänomene und wir kombinieren die miteinander und wir bringen die irgendwie in Zusammenspiel. Was so dieses binäre Geschlechterbild sehr aus dem Konzept bringt und.
Eliane Gerber: Eben uneindeutig ist oder macht.
Jost Zeindler: Und dann gibt es das andere. Das ist das dann eher auf so eine Neutralität oder vielleicht irgendwas eben eher außerhalb von einem von diesem Spektrum zwischen männlich und weiblich abzielt. Und zwar, dass man eben genau diese Aspekte, die Geschlecht ausdrücken, eher weglässt und dann halt eben rein Neutralität versucht zu erzeugen oder eben einfach, was versucht zu erzeugen, was nicht zwischen den beiden stattfindet. Nicht eine Kombination ist, sondern halt außerhalb. Und ich finde, da sind beide gleichermaßen interessant, aber beide auch gleichermaßen irgendwie anspruchsvoll in der sowohl in der Analyse als auch in der Umsetzung.
Arno Görgen: Ich hätte zwei Fragen. Ich fange mal mit einer logischerweise mit einer an, die eine Frage ist Du hast ja, ich glaube hunderte von Figuren gesammelt und ich frage mich Gab es da einen, eine Historische einen historischen Zeitraum, innerhalb dessen du sammelst. Also weiß ich nicht von 2000 bis 2010 oder so oder ist das offen und also direkt daran anschließend also nicht meine zweite Frage, sondern die eineinhalbste Frage Kann man innerhalb dieses Zeitraums, wenn es ihn denn gibt, auch Veränderungen in den ästhetischen Konventionen lesen? Also vielleicht erst mal diese Frage.
Jost Zeindler: Also die erste Frage. Ich habe jetzt im Rahmen meiner Masterarbeit erstmal alles genommen, was ich finden konnte. Also wirklich, das sind über 500 Beispiele gewesen, die ich mir angeschaut habe. Darin habe ich nicht nach Zeitraum selektiert, sondern wirklich. Ja, ich nahm, was mir über den Weg gelaufen ist. Für für meine Dissertation ist natürlich das auch ein ganz zentraler Punkt, dass wir da die Beispiele der letzten fünf Jahre anschauen, respektive dass wir da anfangen bei 2020 und schauen, wie sich das, was in dieser Zeit entstanden ist und vielleicht wie sich das seither entwickelt hat. Aber ich glaube, da muss man gar nicht so streng selektieren, weil glaube ich, sehr viel von diesem Diskurs einfach zumindest so in der medialen Öffentlichkeit noch sehr jung ist. Und einfach, dass vor 2020 natürlich Sachen gibt gab vieles schon vorher stattgefunden hat. Aber dass gerade glaube ich, so in den letzten fünf Jahren, vielleicht in den letzten zehn Jahren, da sehr, sehr viel stattgefunden hat und in der Entwicklung der Charaktere vielleicht eben auch so ein allgemeiner Diskurs sichtbar wird, dass eben diese Charaktere sich vielseitiger, vielleicht vielseitiger gestaltet sind und vielleicht weniger. Ich glaube, das klassische Bild von Nichtbinarität oder so vielleicht das eher Etablierte ist so, dass es eben ambivalente Menschen sind in ihrem Geschlechtsausdruck. Also eben diese Kombination aus verschiedenen Geschlechterbildern verkörpern, aus männlich und weiblich. Und ich glaube, da ist dieser Diskurs sehr sichtbar geworden, dass das eben ganz vieles sein kann, dass das nicht rein auf dieser Ebene stattfinden muss. Dein Geschlecht setzt sich aus männlich und weiblich zusammen und ist irgendwas dazwischen, sondern da kann man auch komplett weiblich weiblich gelesen sein, aber trotzdem auf anderen Ebenen sich als nicht binär identifizieren. Also das muss nicht alles rein im geschlechtlichen Ausdruck stattfinden oder drin.
Eliane Gerber: Also es kann ja auch geschlechtlicher Ausdruck sein und eben selber oder von sich selber aus, das nicht als weiblich oder männlich Konnotieren und die Art und Weise, wie ich wahrgenommen werde, werte, definiert nicht meine geschlechtliche Identität oder wie ich mich selber wahrnehme.
Arno Görgen: Ja, ich bin da auch sehr gespannt. Ich meine, wir leben ja jetzt in sehr komplizierten und teils sehr finsteren Zeiten. Wie der trans homophobe Diskurs zum Beispiel, den ein Elon Musk zurzeit gegen Netflix zum Beispiel führt. Also dass da zu viele trans Charaktere seien oder so und das ja ganz gefährlich für die Kinder ist. Also diese Geschichten. Inwiefern sich das dann in zwei, drei Jahren, fünf Jahren auch auf die Bildsprache auswirken wird. Also wie darauf reagiert wird, also ob, ob es zum Beispiel eindeutiger wird, in welche Richtung auch immer. Ich kann mir das eben gerade nicht vorstellen, weil es einfach auch Zukunftsmusik ist und inwiefern auch diese Charaktere Noch oder wieder politischer in ihrer in ihren Ausdrucksweisen werden.
Jost Zeindler: Ja, das ist, ist und bleibt eine spannende Frage.
Arno Görgen: Das war jetzt jetzt die erste Frage, die zweite Frage, die ich hatte. Du hast anfangs erwähnt, dass in diesem Projekt auch angegliedert zwei Nebenprojekte sind, oder? Beziehungsweise an der Uni Bern von den Rechtswissenschaften und den Medizinwissenschaften. Also du musst jetzt nicht auf das Inhaltliche von diesen Punkten eingehen. Was mich aber interessieren würde ist, ob ihr schon Ideen habt, wo sozusagen die Interfaces und die Schnittflächen zwischen diesen Projekten sein könnten oder was das inhaltlich bedeuten könnte.
Jost Zeindler: Genau. Also das sind, das sind auch sehr klar gewählte Fachgebiete. Genau eben auch wegen der Überschneidungen, die Sie haben oder wegen diesen Verknüpfungspunkten, dass ja zum Beispiel visuelle Gestaltung Rechtsnormen unterliegt, also dass zum Beispiel Signaletik, Wissensvermittlung, Beschriftung von öffentlichen Umkleidekabinen zum Beispiel. Solche Sachen unterliegen strengen Rechtsnormen. Und genau da gilt es ja irgendwie, neue Gestaltungs methodologien zu finden, zu entwickeln, also sich als Designer irgendwie auch darin zu positionieren, in diesem gesellschaftlichen Anspruch an eine Diversifizierung. Und dass da irgendwie auch diese rechtlichen Vorlagen oder Auflagen, die es dafür gibt, dann eine eine Rolle darin spielen, wie gestaltet wird, das ist letztendlich Grund dafür, dass dass wir diese, diese Fachbereiche gewählt haben und miteinander verknüpfen. Das gleiche geht mit den Gesundheitswissenschaften, dass natürlich irgendwie die öffentliche Gestaltung oder die Art und Weise, wie Geschlechter in der Öffentlichkeit sichtbar sind, auch einen Einfluss auf das Selbstverständnis und auf das mentale Wohlbefinden von nicht binären Personen haben und dass man diese beiden Bereiche irgendwie so gemeinsam betrachten muss, um darin auch irgendwie schlüssige Resultate daraus zu ziehen.
Arno Görgen: Direkt daran anschließend. Mir ist auch bekannt, dass zum Beispiel in der Medizin, aber eben auch in den Rechtswissenschaften die Fachdiskurse ja unheimlich stark sich mit diesem Thema befassen. Ist das im Design eigentlich auch der Fall, dass Also ich weiß es schlicht nicht, aber ich habe den Eindruck, es ist auch verhältnismäßig still. Oder täuscht mich da der Eindruck?
Jost Zeindler: Jein. Ich glaube, das ist so eindeutig kann man das nicht sagen, was sich gezeigt hat, jetzt auch in der Entwicklung dieses Forschungsprojekts ist, dass der Forschungsdiskurs gerade zu nicht binären Geschlechtern und zu den Darstellungsformen von nicht binären Geschlechtern dieser Diskurs ist. Tatsächlich findet so noch nicht wirklich statt innerhalb der Designwissenschaften. Was stattfindet, ist vielleicht auch ein bisschen ausgeweitet auf generell Medienforschung, MedienInhaltsforschung, Kommunikationsforschung, dass dort Geschlechter schon ganz lange erforscht werden, dass das auch sehr gut erforscht ist, wie sich Geschlechterverhältnisse dadurch reproduzieren und festigen, aber schon auch seit jeher mit einem strengen Blick auf binäre Verhältnisse. Also viel davon ist auch einfach so quantitative Forschung im Sinne von Ja, wir haben so und so viele Darstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, so und so viele Sachen drehen sich um männlich oder weiblich. Und ganz konkret eben diese Forschungen zu nicht binärer Bildsprache steht sehr am Anfang. Jetzt noch.
Eliane Gerber: Du hast uns jetzt so ein Stück weit auch gesagt, welche Vorbereitung für das Projekt gelaufen ist. Mich würde interessieren, vielleicht ein Projekt? Was? Was? Was hast du vor? Was? Was sind da die Ziele? Aber wirklich auch auch langfristig gedacht? Ja was? Also was für Materialien willst du untersuchen? Welche Ziele, welche Erkenntnis ziele verfolgst du damit?
Jost Zeindler: Also das Material, das wird im weitesten Sinne so bleiben, wie ich das beschrieben habe. Ich werde mir Bildbeispiele nach wie vor eben aus so einem gesammelten Korpus anschauen und irgendwie zusammen analysieren. Und was die Ziele anbelangt, ist das halt wirklich darauf abzielt rauszufinden, was sind überhaupt so diese diese Codierungen, wie entstehen die, wie kann nicht binär in seinen unglaublich vielseitigen Ausdruck und Identifikationsformen visuell greifbar gemacht werden.
Eliane Gerber: Oder überhaupt wie vielleicht darüber über die Visualität gesprochen werden kann? Oder das hat ja viel mit diesem greifbar machen zu tun.
Jost Zeindler: Ganz genau. Es geht da wirklich erstmal um so die Schaffung von einer Terminologie für nicht binäre Geschlechter in der Gestaltung. Das ist, denke ich so das primäre und und erste Ziel. Darüber hinaus geht es natürlich dann auch darum, das wieder ein bisschen zurückzuführen in eine Gestaltungspraxis. Was meine ich damit? Darin geht es dann darum, dass weil ja, das wissen wir beide Eliane Designer aus der Praxis relativ wenig sich mit Designforschung und mit wissenschaftlichen Texten befassen. Geht es darum Wie bringen wir dieses Wissen zurück in die Praxis? Wie machen wir das fruchtbar für Gestalterin? Wie können letztendlich Designer wissen, Wie gehen wir mit nicht binären Geschlechtern in der Gestaltung um? Welche Fragen stellen wir uns, wenn wir Artefakte gestalten in Bezug auf nicht binäre Geschlechter? Wie beziehen wir die mit ein in unsere Perspektiven und wie können wir letzten Endes dann daraus Sachen gestalten, die geschlechtersensibel gedacht sind? Darauf Antworten zu finden, denke ich, ist auch ein wichtiger Schritt für die Zukunft als Designer.
Eliane Gerber: Jost Arno hat es vorhin schon so ein bisschen angedeutet. Eben. Und du hast auch darüber gesprochen. Es ist ein Diskurs, der im Moment sehr, sehr aktuell ist. Wie nimmst du die aktuelle gesellschaftliche und gestalterische Auseinandersetzung mit Gender und Nonbinarität spezifisch in der Schweiz, aber auch im europäischen Kontext und darüber hinaus wahr? Und jetzt ergeben sich daraus spezifische Herausforderungen und vielleicht auch Spannungsfelder für für dich und und für das Forschungsfeld, in dem du dich bewegst.
Jost Zeindler: Mal im gesamtgesellschaftlichen Kontext, so in der Schweiz betrachtet ist es ein Thema, das hat. Das hat man gesehen. Das hat mit dem Eurovision Song Contest 2024 einfach einen Riesensprung gemacht, als Nemo gewonnen hat. Und das plötzlich halt auch in der in der Medienberichterstattung plötzlich so einen großen Platz gekriegt hat. Und seither ist der gesellschaftlichen, nicht der gestalterische Diskurs auf jeden Fall auch sehr in Gang gekommen und das finde ich sehr erfreulich.
Eliane Gerber: Und die Akzeptanz ist deutlich gestiegen, habe ich so den Eindruck.
Jost Zeindler: Die Akzeptanz ist gestiegen. Aber, und das ist halt auch immer ein Ding mit der Sichtbarkeit. Du hast zwar einerseits eine größere Akzeptanz oder ein Potenzial für eine größere Akzeptanz, aber du hast immer auch eine steigende Vulnerabilität dieser marginalisierten Gruppen. Definitiv zugenommen und das ist auch messbar ist so der die Gewalt und die Hate crimes gegen nicht binäre und trans Menschen. In dieser Zeitachse über eine gestalterische Auseinandersetzung ist es halt sehr schwierig, auf einer nationalen Ebene zu sprechen. Ich würde sagen, da gerade halt sehr viel in diesem Diskurs in der Medienwelt außerhalb der Schweiz stattfindet und die Schweiz einfach so in der Unterhaltungsbranche nicht besonders einen hohen Stellenwert hat. Auf einer internationalen Bühne ist, da ist es eher das Feld in der Schweiz. Ich denke, und das ist halt auch einer dieser zentralen Herausforderungen für dieses Forschungsprojekt sehr vieles darin findet im Ausland statt oder kommt aus dem Ausland. Also man hat in den Vereinigten Staaten Starten tatsächlich Gerade weil dort so die Komik und besonders auch so die IndieComicszene relativ stark ist, kommt halt sehr viel Content daher. Man hat aber auch aus dem asiatischen Raum, aus dem ostasiatischen Raum spezifisch, also aus Japan, Korea und anderen Staaten, hat man viele Unterhaltungsmedien, die mit ihrer ganz eigenen Genderperspektive da reinkommen. Und die sind alle unglaublich spannend und hilfreich für für die Erforschung solcher Phänomene. Aber die sind halt alle in komplett unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten eingebettet, die alle natürlich für so eine ganzheitliche Betrachtung eines Bildes im Kontext mega relevant sind. Und das ist halt damit explodiert. Einfach so dieser Umfang dieses Forschungsprojekts auch so?
Eliane Gerber: Wie gehst du um damit im Forschungsprojekt?
Jost Zeindler: Viel Zeit nehmen dafür und halt genau für diese diese Auswertung, dieser Designkorpora dieser Bildbeispiele einfach viel Zeit einplanen und das sehr genau unter die Lupe nehmen, damit man da halt wirklich auch aussagekräftige Resultate kriegt und wirklich auch irgendwie mit einem gewissen wissenschaftlichen Anspruch daran geht.
Eliane Gerber: In meiner Erfahrung spielt da eben auch die Dekontextualisierung des Korpus, damit man sagen kann, wofür konkret ist. Sind die Aussagen denn auch irgendwie ein Stück weit belegt, oder?
Jost Zeindler: Ja.
Arno Görgen: Also du sprichst von verschiedenen Kulturen, was mir gerade noch eingefallen ist und da könnte ich mir aber vorstellen, dass es da anders ist. Es gibt ja auch unheimlich viele Medienformate und Medienplattformen. Also vom digitalen Spiel zum Comic, zum keine Ahnung, Roman, Film usw und so fort. Da habe ich eher den Eindruck. Aber ich bin jetzt auch nicht ganz tief drin, aber speziell zum Beispiel was die Indie Game Szene angeht oder auch Triple A Titel, also diese Hochglanztitel, Glanztitel, das da die Bildsprachen gerade eher auf dem Weg einer Homogenisierung sogar sind. Würdest du da mit mir zustimmen? Oder ist das vielleicht ein Eindruck, der, bei dem ich mich vielleicht täusche?
Jost Zeindler: Interessante Perspektive. Ich hatte genau das Gegenteil gesagt. Das, dass es vielleicht einfach, ja der Inhalt sich vielleicht diversifiziert und die Bildsprache sich homogenisiert.
Arno Görgen: Ja, so habe ich es auch gemeint.
Jost Zeindler: Ja doch, das würde ich vielleicht. Das würde ich teilen. Ja.
Arno Görgen: Also die Nonbinaries der Welt vereinigen sich quasi in der Popkultur, kann man sagen.
Jost Zeindler: Ja, doch, das auf jeden Fall.
Arno Görgen: Das ist doch eigentlich auch ein schönes Schlusswort, oder nicht?
Jost Zeindler: Ja, durchaus.
Arno Görgen: Ja, also das ist ein unheimlich spannendes Thema. Ich könnte mich da auch noch ewig drüber mit mit euch beiden unterhalten. Ich hatte zum Beispiel auch noch eben von wegen Design mit allen Sinnen die Frage, ob es auch sowas wie eine Geruchssprache gibt. Das bin ich. Ich habe keine Ahnung.
Eliane Gerber: Es ist absolut. Es ist mega interessant. Bei den Parfüms gibt es da also die sind wie geschlechtsspezifisch konnotiert und da gibt es eben auch dieses Cross also. Und im Diskurs über Parfums, dass ich das auch. Dass es eben teilweise auch sehr stark kritisiert wird, dass es so stark binär konnotiert oder auch designt wird im Sinne von zu sagen, ein Parfüm hat kein Geschlecht. Und dann gibt es aber auch durchaus Parfümkategorien, die oder Parfums, die spezifisch gemacht sind für also die spezifisch androgyn gemacht sind zum Beispiel. Oder eben spezifisch irgendwie. Ja, sehr, sehr strange irgendwie.
Arno Görgen: Ich glaube, über Geruchsdesign wollten wir auch mal eine Folge machen, wenn es da Hinweise gibt, wie man da quasi vors Mikro holen sollte. Könnt ihr euch gerne bei uns melden? Wir haben ein paar Ideen, aber sind da gerne für Hinweise offen.
Jost Zeindler: Ja, ich wollte gerade sagen, ich würde mich sehr freuen über eine separate Folge zu diesem Thema und damit euch mal tief rein zu gehen.
Arno Görgen: Lange Rede, kurzer Sinn, unheimlich spannende Folge. Es fällt mir auch schwer, da jetzt wirklich so ein so einen Satz zu sagen, in dem alles irgendwie dann kulminiert. Ich glaube, wir müssen einfach die Folge drei oder viermal hören. Also ihr auch, liebe Zuhörerinnen, Und dann sprechen wir vielleicht im Jahr noch mal über die ersten Fortschritte und ersten Erkenntnisse mit der Joost.
Jost Zeindler: Sehr, sehr gerne.
Arno Görgen: Und euch vielen Dank fürs Zuhören. Vielen Dank fürs Mitdenken. Wenn ihr Kommentare habt, wenn ihr eure Perspektiven einbringen wollt, lasst uns gerne Kommentare da, wo auch immer ihr uns gerade hört. Wir freuen uns auch, wenn ihr die Folge weiter teilt. Design soll ja auch ein Diskurs sein, so wie auch das heutige Thema ein großer Diskurs ist. Wir wollen einander ja auch zuhören und ich hoffe, ihr hört weiter von uns. Bleibt uns wohlgesonnen. Macht's gut und tschüss.
Eliane Gerber: Tschüss.
Jost Zeindler: Ciao.
Intro/Outro: Musik)
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