Von Games mit Geschichte

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Arno Görgen

Herzlich willkommen bei Design, Macht Gesellschaft. Wir sind ein immer noch neuer Podcast, der sich mit aktuellen Themen aus der Designforschung beschäftigt. Wir, das sind heute Eliane Gerber und Arno Görgen. Wir sind angesiedelt am IDR, also am Institute of Design Research an der Hochschule der Künste Bern. Und in jeder Folge blicken wir mit euch auf ein neues, superspannendes Feld der Designforschung.

Eliane Gerber

Ja und ich verstehe auch deine Euphorie heute Morgen. Wir sprechen nämlich über die Geschichte digitaler Spiele in der Schweiz. Und das ist ja ein Thema, womit du dich bestens auskennst.

Arno Görgen

Ja, das stimmt. Man muss nämlich sagen, dass wir heute irgendwie schon in einer seltsamen Lage sind. Ich selber bin nämlich Teil des Projektes Confoederatio Ludens - Swiss History of Games Play and Game Design 1968 bis 2000. Das habe ich jetzt auf Deutsch gesagt, oder in kurz CH Ludens, über das wir heute hier sprechen wollen. Aber natürlich bin ich eben auch Host dieses Podcasts und deswegen heute als echte Chimäre hier unterwegs für euch.

Eliane Gerber

Deswegen haben wir uns überlegt, dass es sinnvoll ist, das eigentliche Mastermind des Projektes zu uns ins Studio nach Bern zu holen. Herzlich willkommen, Eugen Pfister!

Eugen Pfister

Vielen Dank für die Einladung.

Eliane Gerber

Guten Morgen! Du bist ja heute Morgen aus Wien angereist für den Forschungsaperó am IDR. Wie war deine Reise?

Eugen Pfister

Die Reise an sich war sehr gut. Also ich liebe meine Nachtzugfahrten sehr, mittlerweile. Die regelmäßigen zwischen Wien und Bern. Es hat ein bisschen länger gedauert, weil so jedes zweite Mal die Grenzkontrollen ein bisschen länger dauern als antizipiert.

Arno Görgen

Ach, wäre die Schweiz doch nur in der EU!

Eugen Pfister

Das wird sicher noch rausgeschnitten.

Eliane Gerber

Ja.

Arno Görgen

Nö.

Eliane Gerber

Wir haben ja jetzt heute auch ein bisschen später angefangen, als wir das ursprünglich geplant haben. Eben weil du aufgehalten wurdest an der Grenze. Nichtsdestotrotz freuen wir uns, dass du hier bist. Und auch du, Arno, bist heute Morgen angereist. Woher bist du angereist?

Arno Görgen

Ich bin aus Neu-Ulm bzw Ulm angereist und bin auch über Nacht hierher gefahren mit der Deutschen Bahn. Das hat aber verblüffend gut funktioniert, muss man sagen.

Eliane Gerber

Und das sind wir jetzt eines der erste Male hier live in Bern, wo wir wirklich zusammen aufnehmen können und nicht nur remote.

Arno Görgen

Genau. Und fangen wir doch gleich mit der wichtigsten Frage, Eugen, was hast du zuletzt gespielt und was war dein allererstes Game überhaupt, das du gespielt hast?

Eugen Pfister

Wie gut, dass ich nicht vorbereitet wurde. Jetzt muss ich kurz nachdenken. Zuletzt habe ich gespielt Life is Strange, die zweite Staffel, die habe ich jetzt wieder angefangen. Und beim zweiten Mal gefällt es mir sehr viel besser als beim ersten Mal. Und das allererste Spiel ist gar nicht so leicht. Aber ich glaube fast, es war am am Schneider CPC von meinem Vater Donkey Base, ein Spiel, das Bill Gates entwickelt hat.

Ein sehr, sehr basales, aus den frühen oder Mitte 80er Jahre.

Eliane Gerber

Wie viel Zeit verbringst du mit Spielen?

Eugen Pfister

Es hängt von einem Punkt in meiner Biografie ab. Als Jugendlicher und als Student sehr viel Zeit. Sehr, sehr viel Zeit. Seitdem ich Kinder und mehr Arbeit habe, immer weniger. Ich meine, ich habe versucht, das ein bisschen zu umgehen, indem ich Spiele analysiere, also Spiele zu meiner Arbeit gemacht habe. Aber trotzdem, alles in allem verbringe ich mittlerweile sehr viel weniger Zeit mit Spielen. Es ist aber schon so, dass es in der Woche wahrscheinlich sieben Stunden sind. So eine Stunde am Tag, würde ich sagen.

Eliane Gerber

Magst du ein bisschen was drüber erzählen, wie du vom Spielen selber zum Forschen gekommen bist?

Eugen Pfister

Ein bisschen habe ich es ja schon angedeutet. Also ich habe das ist dann immer so der nette Einstieg in Gespräche. Ich habe mein Hobby zur Arbeit gemacht, was ja, aber auch muss ich auch gleich immer dazu sagen, einige Nachteile auch mit sich zieht, weil ich jetzt alle Spiele, wenn ich so spiele, immer mit der analytischen Brille sehe, teilweise auch weniger verzeihe beim Spielen.

Oder sagen wir es anders. Der Moment der Immersion, wo ich so ganz ins Spiel eintauche und in eine fremde Realität mich begebe, ist jetzt sehr, sehr viel seltener geworden, weil ich immer auch mich selbst beobachte. Aber der Punkt war schon und es begleitet mich immer von Anfang an in meiner Forschung, dass ich mir immer Forschungsobjekte ausgesucht habe, die mich sowieso faszinieren, weil ich auch wissen wollte, warum sie mich faszinieren. Also meine Magisterarbeit oder jetzt würde man sagen Masterarbeit war zu Piraterie in der Karibik, die ich dann versucht habe, halt auch zu dekonstruieren.

Später war es die europäische Integration in meiner Dissertation. Und davon ausgehend, weil da habe ich mich vor allem mit der Geschichte der politischen Kommunikation beschäftigt, habe ich mir dann die Frage gestellt, ob diese politische Kommunikation nicht auch in digitalen Spielen stattfindet. Und natürlich tut sie das. Und ich bin auch nicht der Erste, der auf diese Idee gekommen wäre.

Aber das ist das, was mich antreibt in meiner Forschung. Jetzt seit, mittlerweile würde ich sagen zehn Jahren.

Eliane Gerber

Und wie komme ich dazu? Die Frage ist ja auch, warum sollte man sich überhaupt mit so etwas beschäftigen wie der Schweizer Computerspielgeschichte? Ich meine die Schweiz ist klein. Wie viele Spiele werden hier auch gemacht? Wie relevant ist das? Der erste Gedanke wäre ja so, so viel kann es doch gar nicht geben hier zu dem Thema und der zweite Gedanke, Was für ein Mehrwert soll ein solches Projekt auch gesellschaftlich oder wissenschaftlich haben?

Eugen Pfister

Warum ist es relevant? Also mal allgemein und jetzt gehen wir noch nicht auf die Schweiz ein oder kleine Länder, ist, finde ich, und das ist auch ein Hauptmotiv von dem SNF-Synergia-Projekt, das ich jetzt leite, dass digitale Spiele von Anfang an ein sehr natürlicher Zugang zu einem neuen Medium wahren, also zum neuen Medium Computer jetzt im weitesten Sinne. Und dass wenn man es sich anschaut oder auch wenn man die einschlägige Literatur liest, dass egal ist, ob es jetzt von den ersten Transistorrechnern oder dann von den Großrechnern oder den Minirechnern bis zum Personalcomputer, innerhalb kürzester Zeit wurden für alle irgendwelche Spiele entwickelt, weil das glaube ich und da bin ich auch nicht ganz allein mit dieser Hypothese, weil das ein natürlicher Zugang ist, ein neues Medium sich anzueignen. Also gerade bei der Digitalisierung ist es ja so spannend, dass die Digitalisierung und das merken wir jetzt auch wieder mit der künstlichen Intelligenz, sehr oft entwickelt wurde. Oder es wurde entwickelt, was möglich ist, weil es reizvoll ist, herauszufinden, was noch möglich ist, ohne dass man aber weiß, wofür das gut ist. Also es war zuerst die Möglichkeit da und dann erst wurde der Frage nachgegangen, was fangen wir damit an? Und die Spiele waren von Anfang an ein ein Moment, mit dem man diese Leere gefüllt hat und etwas kennengelernt hat. Also bei den ersten Großrechnern waren es halt- die allerersten Spiele auf diesen riesigen Rechnern waren halt ganz basale Sachen wie Tic Tac Toe oder Nim oder halt Schach. Dann mit den Möglichkeiten des Computers wurde das dann auch immer raffinierter. Raffiniertere Spiele, die dann in gewisser Weise glaube ich, auch geprägt haben, wie wir mit Computern umgehen, die insofern auch geprägt haben, wie die Digitalisierung stattgefunden hat in unseren Gesellschaften. Und das gilt jetzt alles global, aber halt auch konkret in der Schweiz. Und ich finde auch spannend, dass vieles, was wir jetzt als normal wahrnehmen, im Umgang mit unserer digitalen Welt, einfach in dieser Zeit entstanden ist. Und das wurde noch nicht sehr ausführlich untersucht. Und Spiele, finde ich, sind ein sehr, sehr lohnender Zugang, um sich das zu erarbeiten. Und jetzt noch der zweite Punkt, weil das ist mir auch wichtig, warum die Schweiz und auch diese Frage ist es ja so klein. Na ja, was, was ist jetzt? Also es gibt jetzt die Games, da ist auch schon seit ungefähr der Jahrtausendwende, also seit der Jahrtausendwende, beschäftigt man sich international mehr mit digitalen Spielen als Phänomen. Eine Geschichte des Mediums, wird dann sehr oft in Büchern gebracht und die hat sich bis vor kurzem, bis so vor fünf sechs Jahren immer wieder wiederholt, weil immer auf die gleichen Quellen zurückgegriffen wurden. Und das ist halt eine US-amerikanische und japanische Erfolgsgeschichte. Man liest immer vom Higinbotham, der in den 60er Jahren Tennis for Two entwickelt hat. Dann liest man immer vom MIT ein paar Bilder Studenten einen Rechner gekapert haben, um ein Spiel zu programmieren. Dann hat man die grandiose Erfolgsgeschichte von Atari mit Sex, Drugs and Rock and Roll. Es liest sich auch sehr spannend alles, aber es engt den Fokus total ein und es lenkt auch total davon ab, dass ausserhalb dieser Geschichte sehr viel passiert ist. In den USA wurde nicht nur in den Sechzigerjahren Spiele für Großrechner entwickelt, sondern eben auch in Großbritannien. Jetzt wissen wir auch, dass in der Schweiz, in Österreich, in Deutschland und vermutlich in sehr, sehr viel mehr Ländern auch noch. Also wir haben da eine parallele Entwicklung und was auch noch sehr wichtig ist, weil das etwas ist, was gefehlt hat, was Europa geprägt hat in den 80er Jahren, waren viel weniger die Konsolen, sondern vielmehr die Personalcomputer, also die wirklich so wie wir sie kennen, die die großen oder kleineren Kästen mittlerweile mit dem Röhrenbildschirm, die auch für ganz andere Sachen verwendet werden konnten und die auch ganz andere Spiele ermöglicht haben. Also was zum Beispiel im deutschsprachigen Raum sehr erfolgreich war, waren Wirtschaftssimulationen, die es ja bis heute auch noch gibt. Also die Anno-Reihe gibt es noch immer, die ist in Österreich und Deutschland entstanden. Aber auch in der Schweiz wurden da auch viele Spiele in diese Richtung entwickelt und die fehlen einfach in der Geschichte der Computerspiele.

Arno Görgen

Würdest du denn sagen, dass zum Beispiel mit der Massenproduktion und der Massenvermarktung von Computern in Form von Personal Computers oder auch von Konsolen, die ja im Prinzip ja auch Computer sind, auch so was wie eine Demokratisierung des Spieldesigns stattgefunden hat? Also ich frage deswegen, weil ich immer den Eindruck habe, dass eben diese allerersten Spiele schon in so einem sehr elitären Kontext stattfinden, also eben an den Großrechnern der Unis oder in eben solchen Forschungs Umgebungen. Und dann hat man plötzlich so ein Sprung, wo dann Kleinhans im Hinterzimmer in Hintertupfingen anfängt, irgendwelche Spiele zu programmieren und das ist ja schon ein wahnsinniger qualitativer Sprung, finde ich.

Eugen Pfister

Ja, daran habe ich auch gerade gedacht. Als Historiker bin ich natürlich vorsichtig und sag dann gleich Ja, aber, aber im Grunde hast du recht. Im Grunde war es schon so, dass die ersten Großrechner nicht nur absurd teuer waren, sondern die waren auch nur einen sehr kleinen Kreis von Menschen zugänglich. Und deswegen musste ich jetzt auch beim MIT gar nichts gendern, weil das war auch ein Kreis, vor allem von männlichen Studenten am Anfang, die da mitgemacht haben, was interessant ist insofern, weil die Informatik noch früher eigentlich ein sehr weibliches Metier war. Aber wir können jetzt nicht zu sehr in die Breite gehen. Aber seit den 70er, 80er Jahren war das dann sehr männlich dominiert und natürlich hatten die auch vermutlich einen sehr ähnlichen sozialen Background, also eher wahrscheinlich aus gehobenen Hausen schon gebildeter. Also das war ein Elitenprojekt. Und dann kam die Demokratisierung, wie du gesagt hast. Wobei man aber auch dazu sagen muss, ein Mikrocomputer, so wie es offiziell in der Forschung heißt, also das, was wir als Personal Computer kennen, das heißt MS DOS, Computer, Apple zwei, C64 usw waren auch immer extrem teure Anschaffungen, also gerade C64 war dann schon günstiger. Aber es war noch immer so, dass eine Familie dann überlegen musste, was leistet sie sich jetzt dieses Jahr? Das sieht man zum Beispiel bei Melanie Swallwell, weil sie da Interviews geführt hat. Kaufen wir uns jetzt einen neuen Videorekorder? Kaufen wir uns eine neue Mikrowelle oder kaufen wir uns einen Personalcomputer? Also es war eine große Anschaffung, was wieder natürlich die Demokratisierung befördert hat, aber es noch immer nicht zu einem Massenphänomen gemacht hat. Also das Massenphänomen kam dann, glaube ich, vor allem mit den Portables also mit dem Handy und eher in diesem Jahrtausend, dass es dann noch zugänglicher wurde. Aber ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du es angesprochen hast, weil das ist ja auch etwas, was aus einer historischen und auch aus einer Design Perspektive sehr interessant ist, weil das, was wir jetzt als digitale Welt kennen, wurde von diesen Menschen geprägt und das müssen wir uns einfach bewusst machen. Das ist jetzt an sich noch kein Problem, aber wir müssen uns ins Bewusstsein rufen, dass das eben anfangs von einer Elite gestartet wurde und dann auch nicht allen zugänglich war. Also die Demokratisierung, die ja sicher notwendig ist, hat dann später stattgefunden.

Eliane Gerber

Du hast jetzt eben einerseits die Geschichtsforschung angesprochen, du kommst selber aus der Historik. Anderseits ist das Projekt im Design in der Design Forschung am IDR angesiedelt. Magst du so ein bisschen darüber sprechen, wie genau ihr auf Design blickt, welche Aspekte von Design da reinkommen und vielleicht auch welche anderen Disziplinen da ebenfalls noch beteiligt sind in dem Projekt.

Eugen Pfister

Vielleicht fange ich mal mit den Basics an, also unser Projekt hat vier Standorte, vier Universitäten oder Hochschulen, die HKB, die ZHdK in Zürich, wo auch Gamedesign die Fachrichtung ist, dann die Universität Lausanne und die Uni Bern. Und wir sind tatsächlich, wie es auch vorgesehen ist von diese Förderung, sehr interdisziplinär und verbinden Historiker, Politik, Wissenschaftlerinnen, Soziologinnen, Informatikerinen und Game Designerinen. Und ich fürchte, ich werde noch was vergessen haben. Anthropologen also wirklich mehrere Zugänge um. Es fehlen natürlich noch viele Zugänge da, aber wir versuchen es eben nicht nur aus einer Schiene zu sehen. Und was uns verbindet, ist aber schon aber eine sehr weit gefasster Begriff von Design im Sinne der Gestaltung etwas Neuem und auch dem Erlernen der Gestaltung von etwas Neuem. Und ich komme aus der Ideengeschichte, dass das bei mir kommt dann auch noch die Perspektive der Rhetorik, die ja auch an unseren Institut sehr wichtig ist, in dem Sinne, und jetzt muss ich sehr aufpassen, dass ich nicht mich zu sehr unterschiedlichen Gedanken verliere, dass das ja Artefakte sind, die manchmal mit einer Intention gestaltet wurden, also dass bewusst etwas transportiert werden sollte, und sei es nur der unterhaltende Moment. Und was ich vor allem im gemeinsam mit dem Arno auch anschaue, sind auch Einflüsse aufs Design, die nicht bewusst geschehen. Also wenn zum Beispiel Politik im weitesten Sinne Einfluss nimmt in diesen Artefakten, in digitalen Spielen. Und dazu möchte ich auch sagen, weil man leider Gottes in einer Gesellschaft leben will, wo Politik mittlerweile einen negativen Beigeschmack in der Öffentlichkeit hat, was auch ein Problem ist. Aber dazu kann ich jetzt nicht kommen. Man muss dazu sagen, es ist ganz natürlich, dass menschengeschaffene Artefakte, menschengeschaffene Spiele immer auch die Welt aus der sie kommen, reproduzieren. Und das ist auch Politik, das ist auch Ideologie und das hält auch unsere hochkomplexen Gesellschaften am Funktionieren. Also das sind auch ein wichtiger Bestandteil des Funktionierens unserer Gesellschaft.

Eliane Gerber

Kannst du ein bisschen was dazu sagen, wie ihr das untersucht? Also gerade die Design-Fragestellungen im Projekt?

Eugen Pfister

Also ich kann da nur sagen, was mein und Arnos Zugang ist. Für Design müsste ich jetzt eigentlich alle meine Kolleginnen herholen, aber der Adrian Demleitner zum Beispiel konzentriert sich sehr auf das visuelle und grafische Design. Um das ein bisschen konkreter zu machen, was er sich anschaut ist ein Videospiel in den Achtzigerjahren, da hatten wir sehr schöne Beispiele, jetzt zum Beispiel diese faszinierende Hypermaskulinität, die die auch reproduziert haben, die man aus der Populärkultur kennt. Also Stichworte wie Schwarzenegger und Dolph Lundgren. Aber das schaut sich auch die Aurelia Brandenburg an, die ganz konkret sich mit Gender beschäftigt, in ihrer Dissertation also das sind zwei Zugänge. Dann der Addrich Mauch von der Uni Bern, der aus der Anthropologie kommt, schaut sich Soundscapes an, also der konzentriert sich darauf, wie auch über nicht nur Musik, sondern Ton gestaltet wird. Und ich muss mich jetzt entschuldigen, wenn ich nicht immer die richtigen Begriffe finde. Am besten immer gleich bei den Kolleginnen nachlesen. Wir haben aber auch nicht nur diese, sozusagen das Endprodukt, das wir uns anschauen, sondern Kolleginnen schauen sich auch ganz bewusst den Code an, also wie überhaupt das Endprodukt gestaltet wird über Programmiersprachen. Das sind vor allem die Kolleginnen von der ZHdK, die das machen, aber auch der Adrian von der von der HKB, der sich das anschaut. Und in Lausanne liegt der Fokus vor allem auf der Hardware, also im Augenblick dabei, den SMAKY zu zerlegen, das ist eine Schweizer Computerproduktion aus den 80er Jahren, der bis zur Jahrtausendwende produziert wurde. Habe ich was vergessen? Habe vermutlich etwas vergessen, aber das sind so unterschiedliche Zugänge, um einen ersten Blick dafür zu kriegen.

Eliane Gerber

Arno, magst du ein bisschen dazu was sagen, was deine Rolle und deine Fragestellungen in dem Projekt sind?

Arno Görgen

Eugen und ich, wir verfolgen eigentlich recht ähnliche Forschungsfragen. Also da geht es wirklich um Fragen wie Wie das Gesellschaftliche, Kulturelle, Politische, was auch immer sich in den Spielen, in den Erzählungen der Spiele wiederfindet. Wobei, wenn ich hier Erzählung sage, schließt das auch die Spielmechaniken beispielsweise ein. Also wir verstehen unter den kompletten Spielen im Prinzip einen Text, den wir analysieren und versuchen, seine semantische Fallhöhe auszuloten und so zu schauen, was, was sind denn die Sachen, die da zwischen den Zeilen in dem Spiel stecken? Und das ist das, was wir hauptsächlich machen. Das haben wir auch schon in dem vorangegangenen Projekt Horror Game Politics gemacht. Und in diese Richtung geht auch meine Arbeit hierbei. Also wir haben das jetzt schon in gemeinsamen Fallstudien begonnen, uns solche Spiele anzuschauen. Und das wird auch werden wir auch in naher Zukunft dann bei den unzähligen Schweizer Spielen weiter so betreiben. Weißt du zufällig, wie viele es sind? Eugen? Du hast ja eine wunderbare Datenbank dazu.

Eugen Pfister

Eigentlich wollte ich eh darauf eingehen, weil ich bin dann darauf kam. Ich habe wieder einen Teil vergessen, weil du gesagt, dass es gibt doch so wenige. Ein Grund, auch dieses Projekt zu machen, ist das natürlich, da unser erster Eindruck war, gibt es da überhaupt genug? Und dann mal zu schauen, was finden wir? Normalerweise ist das Internet ja voll von fangenerierten Datenbanken, oder? Mein erster Schritt ist immer auf Wikipedia nachzuschauen. Liste Spiele, die in der Schweiz entwickelt wurden. Und da findet sich dann nicht sehr viel. Dann hatte ich ja alle nicht nur den Verdacht, sondern wir wussten, das sind jetzt einige, die gefehlt haben. Aber als Problem ist das eine wirklich so eine Grundlagenarbeit auch gerade ist, das alles einzusammeln. Und das ist es ist recht absurd, weil es liegt ja nicht sehr weit in der Geschichte zurück, sondern das haben wir, wir haben, wir waren ja alle schon auf der Welt, als viele dieser Spiele entwickelt wurden. Wir haben sie teilweise auch gespielt, aber sie geraten in Vergessenheit, weil sie einfach als etwas Nebensächliches oder nicht so Wichtiges wahrgenommen wurden. Und wir kommen drauf, dass wir jetzt einfach jetzt, wo wir gezielt suchen, wir haben angefangen. Beim Antrag, glaube ich, hatten wir schon 50 bis 60 Spieler mit dem Verdacht, dass es dann so an die 200 werden könnten. Im Zeitraum von 61 Jahren bis 2000. Jetzt haben wir innerhalb von wenigen Wochen, also auf unseren Discord-Server trudeln jeden Tag neue Entdeckungen ein. Was auch noch dazukommt, das macht wirklich Spaß. Auch das zu suchen. Und jetzt sind wir im Augenblick schon bei 120 und ich würde das ganze sehr nach oben korrigieren, was sich da noch alles finden wird.

Eliane Gerber

Ja, das ist jetzt auch eine Anzahl, die mich erstaunt. So die Menge. Was sind da eure Einschlusskriterien? Kommt es darauf an, ob die Spiele auch publiziert wurden oder oder was? Was, wie? Wie beurteilt die da, ob ihr ein Spiel mit Korpus rein nehmt oder nicht?

Eugen Pfister

Also mein Zugang ist, es möglichst umfassend zu machen und gar nichts auszuschließen, weil es gibt jetzt keinen Grund etwas auszuschließen. Wir wollen das Phänomen, wir wollen ja zuerst einmal einen Überblick haben, um überhaupt erste Erkenntnisse daraus gewinnen zu können. Und wie ich schon gesagt habe, es geht ja auch darum zu verstehen, wie im Grunde die Digitalisierung der Schweiz ein bisschen nachzuvollziehen, halt aus einer sehr konkreten Perspektive. Und da sind Spiele, die halt für Großrechner entwickelt wurden, an der ETH oder an der EPFL genauso interessant, wie wenn ein junger Schweizer Schüler oder eine Schweizer Schülerin irgendwo im Appenzell am C64 ein Spiel programmiert hat. Das heißt, eigentlich schließen wie alles ein und ich muss auch sagen, im Augenblick haben wir, wir haben, glaube ich, drei, vier Spiele in der Liste, die nicht publiziert wurden. Der Rest ist tatsächlich verfügbar gewesen zu seiner Zeit Als muss ich jetzt auch denken, es gab damals keinen Steam oder keine Playstation Online Store. Das heißt, eine spannende Frage ist auch immer der Vertrieb oder wie zirkulierten diese Spiele? Teilweise war das auch so? Also es gibt ein sehr, sehr spannende Sache anzuschauen, weil teilweise haben wir dann ganz Urformen des menschlichen Handelns, weil es ein Tauschhandel auf Schulhöfen war oder halt in Computer Clubs und so was, wo das ausgetauscht wurde. Und um auf die Frage zurückzukommen ich glaube, ich habe es eh beantwortet. Es ist also möglichst umfassend möglich, alles drin aufnehmen.

Arno Görgen

Und man muss dazu auch ergänzen, dass auch solche Spiele aufgenommen wurden, die zum Beispiel von Schweizern und Schweizerinnen im Ausland mitentwickelt wurden. Weil auch das sind Fragen, die eine Aussage über die Schweizer Gesellschaft zu der Zeit treffen. Also warum sind die ins Ausland gegangen? Warum haben sie nicht in der Schweiz entwickelt? Oder wie waren überhaupt die Arbeitsbedingungen in der Schweiz im Vergleich zum Ausland oder? Und daraus entwickelt sich eben eine ganzer Komplex an Fragen, die eben sehr viel zur Digitalisierung der Geschichte der Schweiz, aber eben auch zur Sozialgeschichte der Schweiz sagen.

Eliane Gerber

Arno, du hast vorhin auch kurz das Projekt Horror Game Politics erwähnt. Ihr seid beide schon länger auch mit mit Forschung zu Design, in Spielen oder in Computerspielen am Forschen. Da würde mich interessieren, auch in Bezug auf das Projekt, aber auch auf die Arbeit die ihr davor gemacht habt. Was kann uns denn das Design von Computerspielen über die Schweizer Kultur oder eben über Kultur und Gesellschaft auch verraten? Was sind so Erkenntnisse, die ihr da aus eurer Arbeit bis jetzt habt und vielleicht gar nicht unbedingt auf die Schweiz bezogen kann? Wirklich auch eben ich weiss, bei beiden Spielen zum Beispiel habt ihr ja einen internationalen Blick, glaube ich gehabt.

Arno Görgen

Genau da haben wir sehr international geschaut, wie ich glaube. Hatten wir überhaupt ein Schweizer Spiel? Ich glaube nicht. Also es ist es ist sicher schon so, dass man gerade was die Inhalte angeht, schon Dinge rauslesen kann wie, wie, wie ist das Verhältnis von einer zu der Zeit zur hegemonialen amerikanischen Popkultur, zur lokalen Populärkultur in der Schweiz? Und wie verschiebt sich das beispielsweise auch im Laufe der Zeit? Das sind sicher Fragen, die wir hoffentlich auch noch weiter aufdecken können. Darüber hinaus sind es natürlich auch gängige Ja, wie soll man sagen, Eugen würde sagen politische Mythen, die sich dann in solchen Spielen zeigen, die sich dann auch in den Spielmechaniken zeigen, die solche Muster ja tradieren, wie etwa, dass es immer ein Konflikt sein muss, der im Spiel ausgetragen wird. Und dieser Konflikt ist meistens einer gegen alle oder einer gegen den Rest der in dem Fall virtuellen Gesellschaft. Das sind so Fragen, die damit reinkommen. Und da kommen wir auch gleich zu Horror, Game Politics. Dem Kontext haben wir eben einen ganzen Mythen Katalog entwickelt, der genau diese Diskurse, diese Mythen aufgreift und versucht, eine Art Landkarte, eine Topografie solcher Mythen in digitalen Horror Spielen nachzuzeichnen. Und das ist dann schon spannend. Erstens, wie vielseitig diese Mythen sind, dann wie inter connected, wie vernetzt diese Mythen untereinander sind, auch wie sie sich total widersprechen im gleichen Spiel und wie viel letztlich eben Politik auch in solchen Spielen steckt. Die oftmals dann auch vorgeben, eigentlich total unpolitisch zu sein.

Eliane Gerber

Etwas, was ich sehr spannend fand auch bei diesem Projekt, ist, wie ihr über das Projekt kommuniziert habt. Dieser Katalog, von dem du gesprochen hast, ist ja auch ein Stück weit verfügbar auf einem Blog zu dem Spiel. Und ich fand es wirklich so für mich auch als als Forschende ein gutes Beispiel davon, wie man eben auch über den ganzen Projekt Zeitraum so kleine Fallstudien auch publizieren kann und damit einfach diesen Einblick geben kann. Mögt ihr ein bisschen darüber sprechen, was ihr auf dem Blog gemacht habt und vielleicht auch, was das für eine Rolle gespielt habt und wie ihr die Kommunikation jetzt bei CH Ludens macht?

Eugen Pfister

Ja, das mache ich sogar sehr gerne. Also auf die Frage antworten, weil das war mir tatsächlich sehr wichtig. Damals beim Horror Politics Projekt hatte ich das auch schon im Antrag drinnen, dass ich eben auch ganz bewusst mich abgrenzen wollte von einer mittlerweile doch zum Glück zurückliegenden Wissenschaftskultur, die sehr geprägt war davon, Jeder macht seine eigene Forschung, hält sich verschlossen, bis er publiziert oder bis sie publiziert haben, das haben teilweise auch noch Professorinnen empfohlen, Studentinnen, damit nichts gestohlen wird, was finde ich, ein Grundproblem ist in unserer Forschung, wenn man so denkt, dass etwas gestohlen werden könnte, weil eigentlich sollten wir davon profitieren, dass wir durchgehend miteinander austauschen. Und wenn einmal ein Kollege, eine Kollegin etwas nimmt und nicht zitiert, ja, dann passiert das halt. Aber man hat ja sein eigenes Knowhow aufgebaut. Und mir war es ja wichtig, auch anderen Forscherinnen zu zeigen, wo wir sind, wie wir auch zu diesen Schlüssen kommen. Wenn man sich das anschaut, die ersten Fallstudien haben sehr anders ausgesehen als die letzten, weil wir einfach gelernt haben währenddessen.

Eugen Pfister

Also wir schreiben gerade auch die Monografie dazu, aber wir haben nicht von Anfang an das fertige Produkt gezeigt, sondern den Weg dorthin auch und haben auch methodische Fragen gewälzt. Und auch da sieht man, wie wir uns weiterentwickeln und haben. Und das Gleiche werden wir jetzt mit CH Ludens machen, wo wir auch wieder einen Hypothèses-Blog eröffnet haben. Ich sitz jetzt gerade dran. Im ersten Blogeintrag zum Kickoff-Meeting. Aber die Idee ist auch, dass wir einfach zeigen, was jeder, was jede macht und dass hat tatsächlich auch beim letzten Projekt irrsinig geholfen, weil das hat dann plötzlich Kommunikation ermöglicht, die sonst nicht da wäre. Also ich erinnere mich, bei der Produktanalyse zu Cursed Mountain haben sich dann Entwicklerinnen bei mir gemeldet und ich konnte in Austausch mit denen treten oder es war einfach oder auch mit anderen Forscherinnen. Also es hat einfach eine Kommunikation von Anfang an ermöglicht und das ist natürlich auch ein egoistischer Hintergedanke der, dass wir uns erstens positionieren mit unserer Forschung und wir profitieren ja dann davon von jeden Input und sei es, dass wir einfach auf Fehler hingewiesen werden, weil wir sind tatsächlich nicht fehlerfrei.

Arno Görgen

Das ist übrigens auch was, was ich ganz, ganz großartig fand. Das, was ich jetzt in dem Fall auch von Eugen sehr stark gelernt habe, ist nämlich diese Haltung zu einer sehr positiven Fehlerkultur, also diese kritische Selbstreflexion und dieses auch öffentliche Publizieren von Fehlschlüssen, die man gemacht hat und inklusive der Prozesse, die dann eben zur Korrektur dieser Fehlschlüsse geführt hat. Das ist was, was ich eben auch immer anders gelernt habe, so im Studium und so, das macht man noch nicht. Und man muss sich ja auch immer vor den Drittmittel Förderern möglichst positiv darstellen. Das sind solche Kulturen, die letztlich ja nicht produktiv sind, weil sie eben solche Fehler, Prozesse oder fehlerhaften Prozesse dann auch immer weiter perpetuieren. Und das fand ich einfach ganz, ganz großartig. Da kann ich an dieser Stelle auch noch mal Danke sagen.

Eliane Gerber

Ja, ich finde das Ganzen einen spannenden Aspekt, eben dieser Umgang mit Fehlern und das Sichtbarmachen von solchen Prozessen. Könnten wir ein konkretes Beispiel sagen, was man vielleicht auch dann noch auf dem Blog nachschauen kann oder zum Beispiel wo so ein Fehlschluss passiert ist und wie anders damit umgegangen ist?

Eugen Pfister

Ja, also ich glaube, der vorletzte Blogeintrag beim Horror Game Politics war, da haben wir noch mal reflektiert die Methode, die wir angewandt haben und das auch vor dem Hintergedanken, ein großes Problem für uns und ich nehme an, für sehr, sehr viele Kolleginnen ist, dass man teilweise, also man weiß, was man untersuchen möchte, man weiß auch, was plausibel ist, man hat seine Hypothesen, aber dann kann man nicht auf irgendwie best case oder Worst Case Practices zurückblicken, um zu schauen, was hat schon funktioniert. Das heißt, im schlimmsten Fall wiederholt jeder, wiederholt jede noch mal dieselben Fehler, um dann irgendwann zu einem erfolgreichen Zugang zu kommen. Und deswegen haben wir uns auch entschlossen, das dann zu veröffentlichen. Was war konkret konkret? War das im Antrag? Waren noch Ideen da, wie man mit einer möglichst strukturierten Protokollen auf jedes Spiel zugeht? Da war ich ein bisschen inspiriert von der Filmanalyse oder mit einer Analyse, die recht rigide war. Und da habe ich vor allem, aber wir haben es beide gemerkt, dass halt bei der Heterogenität von digitalen Spielen das einfach nicht anwendbar war, ein großer Fehler von mir war, obwohl ich das schon lange zu digitalen Spielen gearbeitet habe. Arno wusste es besser ist, dass ich total unterschätzt habe, wie lange die Analyse eines Spiels dauert. Weil also gerade jetzt die großen Triple A Games dauern zwischen 6 bis 30 Stunden und da reden wir jetzt noch nicht von japanischen Rollenspielen. Wie lang die dauern? Genau, Minimum. Und das müsste man ja eigentlich zweimal durchspielen, wenn man es analysiert. Dauert dann noch mal länger, weil man immer passieren muss, wenn man das überhaupt kann. Also so zu ganz basale Fragen, wo sich viele auch denken Na ja, das weiß doch eh jeder. Aber uns war es wichtig, auch die einmal niederzuschreiben, damit einfach auf diese Erfahrung aufgebaut werden kann, dass es in Zukunft dann auch leichter geht. Und auch ein Grundmotiv vom CH Ludens-Projekt ist schon, dass wir dann noch mehr Forschung zu Schweizer Spielen ermöglichen, indem einfach eine Datenbank da ist, indem ein Überblick da ist, in dem klar ist an wen kann man sich wenden, wen kann man interviewen, wo waren Netzwerke da und das ist jetzt vielleicht auch ein bisschen utopisch, aber das ist schon meine Vorstellung von Forschung. Wenn sie funktioniert, also dass man einfach in einem ständigen Austausch ist und einfach durch seine eigenen Fehler und Erfolge es anderen ermöglicht, da anzufangen und weiterzugehen. Also dass wir nicht einfach immer wieder das Gleiche wiederholen und so einfach nur Zeit verlieren.

Arno Görgen

Ich glaube, was noch schön an dem Projekt war, war auch das hast du hervorragend kommuniziert, dass man sehr, sehr stark an die Basics von Doing Humanities oder wie man eben Geisteswissenschaften oder Geschichtswissenschaften oder was auch immer betreiben sollte, macht. Also dass man wirklich ganz am Anfang anfängt und sagt Was haben wir denn für Quellen und inwieweit können wir diesen Quellen trauen? Also so eine Quellenkritik, das ist etwas, was einmal am Anfang des Studiums kurz gesagt wird, aber dann taucht es irgendwie nie wieder auf. Und das war was, wo wir plötzlich wieder drauf achten mussten, weil man eben gemerkt hat okay, diese Quellen sind spannend, aber nicht wirklich zuverlässig. Zum Beispiel. Und was CH Ludens auch so besonders macht, Um noch mal auf das Vorherige, auf diesen Bezug zur Schweiz zurückzukommen, ist, dass es sich ja um ein ziemlich großes Verbundprojekt handelt an mit Partnern aus der ganzen Schweiz. Und ich persönlich finde ja auch, dass das allein schon ziemlich viel darüber aussagt. Erstens, dass wir wir als Gesellschaft sag mal, ich spreche jetzt mal von Mitteleuropa schon längst Computerspiele als Kulturtechnik, also als eine Technologie, die kulturelle und soziale Werte transportiert und auch verändert, längst angenommen haben. Und es ist eben Zeit, diesen Wert der Spiele anzuerkennen und auch zu reflektieren, wie sich unser Verhältnis zu Games historisch verändert. Das machen wir auch sehr viel in Ludens, also auch wie die Spieler, in welchen Umgebungen sie spielen. Und so weiter und wie auch die Spiele Gesellschaft verändern. Also Gamification war hier auch so ein Stichwort, das in dem Kontext immer wieder genannt wird. Kannst du dazu auch noch etwas sagen? Was vor allem dann? Ich glaube, die Schweizer Kollegen da machen.

Eugen Pfister

Was mir wichtig ist zu sagen Es g darf nicht in eine nationalistische Richtung gehen. Jetzt ganz krass formuliert, weil er das Spannende an der Digitalisierung auch war, dass sie zugleich extrem transnational war, dann aber auch immer lokal verankert. Ich versuche das jetzt zu erklären. Also da waren nationale Grenzen gar nicht so wichtig, weil wir haben viele Beispiele von Entwicklerinnen sowohl aus der Deutschschweiz als auch aus der Romandie, die dann einfach sehr stark kooperiert haben. Also da war es tatsächlich so, die Deutschschweizer haben halt mit deutschen Publishern oder mit Österreichern Entwicklern zusammengearbeitet. Da gibt es sehr, sehr viele enge Kontakte. Das war spannend, weil das war in einer Zeit, in den 80er Jahren, die noch nicht so vernetzt ist wie heute. Da war das noch nicht so selbstverständlich. Und von der Romandie waren enge Kontakte zu Frankreich da. Eine Frage, die wir hatten, war auch Wie steht es denn mit den Sprachgrenzen innerhalb der Schweiz? Gab es da keine Kontakte? Auch da können wir sagen erste haben gezeigt, dass da sehr wohl auch Kooperationen war, also dass tatsächlich Grenzen sowohl innerhalb der Schweiz als auch nach aussen nicht so bedeutend waren. Und das, finde ich, ist auch eine sehr, sehr spannende Erkenntnis. Wo wir aber am Anfang erst stehen, dass das besser begreifen zu können. Zugleich aber muss man das Lokale reinholen und ich sage jetzt lokal und nicht national, weil die persönliche Lebenswelt der Entwicklerinnen ihr Design schon sehr stark beeinflusst haben. Und da, also da habe ich auch nicht drauf geantwortet auf die Frage Was können wir schon sagen über die Suissitude? Das ist das Schweizerische an der digitalen Spielentwicklung. Wir stehen jetzt gerade am Anfang, aber es ist da wirklich ein Spannungsfeld zwischen lokal und global, das aber nicht in Konflikt steht, sondern sich gegenseitig, jetzt fehlen mir die guten Worte, befruchtet, ist auch ein bisschen pathetisch, also pathosgeladen, aber es geht schon in diese Richtung. Und ich weiß nicht. Ein Beispiel Ich habe es von einem Grafiker, der die Grafik gemacht hat, für frühe Amiga Spiele, der auch den Amiga benutzt hat, um Kunst zu machen, Also ach Gott, was war das? Was ist der Begriff dafür? Also Bitmap-Bilder einfach, das was heute Pixelgrafik, eigentlich Digital Art, und hat auch sein Portfolio und das sehr spannend. Zum einen hat es gezeigt, dass da ein sehr, sehr starker Einfluss der US Popkultur ist, also dass ein wunderschönes Bild von Pixel-Sylvester Stallone vor der amerikanischen Flagge. Aber dann ist auch ein Bild, und das fand ich sehr schön, von Casablanca. Also man sieht halt, welche populär kulturellen Einflüsse da waren. Was war diesen Menschen wichtig oder was haben sie geliebt, was ich auch schon eine spannende Quelle immer finde. Da hat man eine Szene aus Casablanca. Aber der Hintergrund oder das Gebäude hat sehr starke Einflüsse von einem Schweizer Chalet. Also da hat man das karierte Tischtuch oder karierte Vorhänge. Überhaupt diese, diese Gardinenvorhänge, die halt in Casablanca nicht da waren. Und das darf man jetzt auch nicht überbewerten, aber ich finde, das ist so ein Kristallisationspunkt, der zeigt was kann das sein?

Eliane Gerber

Oder irgendwie eben wo schweizerische Lebenswelt, der der Programmierer, der Designer dann effektiv sich auch im Design niederschlägt.

Eugen Pfister

Genau. Also das wäre so ein Kristallisationspunkt dafür.

Eliane Gerber

Ja, magst du deine Frage zu Gamification noch mal bringen?

Arno Görgen

Ja, es war ja weniger eine Frage als ein Kommentar. Vielleicht kannst du da trotzdem dann noch mal drauf eingehen. Es ging einfach um diesen Gedanken, dass vor allem in diesem Zeitraum, den wir ja analysieren, also die 60er bis 2000 ungefähr und dass in dieser Zeit die Grundlagen dafür gelegt wurden, dass Spiele völlig selbstverständlich in unserer Lebenswelt werden und mittlerweile ja auch über die Gamification längst solche Spielmechaniken aus den Spielen quasi herausgebrochen werden, um sie in anderen Kontexten anzuwenden, um daraus ein wie auch immer das aussehen soll effektiveres Arbeiten, effektiveres Lernen, was auch immer, produzieren zu können. Und da frage ich mich, ob man da auch schon konkret zum Beispiel in dieser Zeit auch schon solche Ansätze in der Schweiz beispielsweise sieht.

Eugen Pfister

Ich fürchte mich immer vor der Frage nach Gamification. Es ist ein Thema, wo ich ja, ja, ich, ich, ich, ich umgehe es jetzt einfach ein bisschen. Oder ich fange mal mit dem anderen an, ich versuche meine Gedanken noch mal da zu strukturieren oder genau ein Satz, wofür mich mein Freund Rainer Siegl prügeln würde ist, der oft wiederholt wird. Die Spiele sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Man muss furchtbar aufpassen, wenn man das irgendwo im Feuilleton liest, weil meistens dann der Rest des Textes nicht sehr sinnvoll ist. Es ist aber auch nicht ganz falsch. Wir haben einfach eine Normalisierung. Es ist das, was wir uns anschauen, ist eben der Anfang dieses Normalisierungsprozesses oder dieses Aneignung des Prozesses. Wir haben ein neues Phänomen, ein digitales Medium, wo man noch nicht genau weiß, was man da anfängt. Das hat man sich angeeignet, indem man einfach wild ausprobiert hat, indem man es Spiele ausprobiert hat. Zugleich merkt man an den Beispielen, die wir uns anschauen, auch immer den Einfluss - das ist jetzt nicht das passiert, nicht in irgendwelchen vakuum verpackten Laboratorien unter der Erde, sondern es entsteht immer im Austausch mit der Gesellschaft, die sie umgibt, oder mit der Lebenswelt, aus der sie kommen. Dieses eine Beispiel, das ich genannt habe, oder auch was die Inhalte von diesen Spielen waren und man merkt auch - Verzeihung, jetzt hab ich mich wiederholt - man merkt sehr stark, dass mit jedem Jahrzehnt, mit jeder neuen Plattform, manchmal mit jedem Jahr die Möglichkeiten dessen, was denkbar ist, sich erweitern. Also am Anfang waren Spiele halt wirklich noch das kurzfristige Unterhaltungsmedium, wobei es auch hier schon erste Versuche gab, Kunst zu machen, Literatur zu machen, Cybertexte, das war auch etwas, was da sehr, sehr verwandt war. Und jetzt haben wir ein riesiges Portfolio an Möglichkeiten, was man mit Spielen machen kann. Es gibt auf der einen Seite die, die unter Vorsicht jetzt oder unter Anführungszeichen, dumpfe Unterhaltung, die einfach Spaß macht, so wie die Blockbuster Filme. Dann gibt es schon die etwas anspruchsvolleren Spiele, die sich mit Politik auseinandersetzen, die sich mit Rassismus auseinandersetzen, die sich mit Antisemitismus auseinandersetzen. Und so weiter. Und da ist sehr vieles möglich geworden, bis hin zu Spielen, die tatsächlich sogenannte Serious Games sind, die erziehen oder die bilden wollen. Und man merkt einfach, wie unsere Gesellschaft sich immer mehr der Idee dieser digitalen Spiele geöffnet hat und welche Richtungen sie gehen. Und jetzt bleibe ich wirklich nur ganz am Rande bei Gamification, weil man halt auch merkt, das Medium ist mittlerweile so zentral in unserer Lebenswelt geworden, dass es auch normal geworden ist, drüber zu reden, inwiefern wir den Rest unseres Lebens da auch davon beeinflussen lassen können. Und ich möchte jetzt nicht in Details gehen, wie in der Arbeitswelt oder in der Schule Gamification sich sinnvoll umsetzen lässt. Ich bin prinzipiell immer sehr optimistisch. Also unsere Gesellschaften werden gute Wege finden. Wir werden auch einige sehr dumme Rückschläge haben auf dem Weg dorthin. Aber grundsätzlich, glaube ich, werden sich die Möglichkeiten eher noch erweitern.

Eliane Gerber

Und das ist ja in dem, was du auch beschreibst, höre ich jetzt auch dieses überhaupt von Geräten, die mal für Arbeit, für Recht, für Mathematik gebaut wurden, die dann auch in einen anderen Lebensbereich ins Spielen zu nehmen und das Spielen damit damit eigentlich wie in Alternativen eine alternative Nutzung mit reinzubringen. Oder eben, dass das Digitale oder eben Computer in diesen Lebensbereich des Spielens reinzubringen.

Eugen Pfister

Es ist ja schön, dass du sagst, ich werde es jetzt ein bisschen nutzen, aber für eine kritische Antwort Bitte missverstehe es nicht. Leider habe ich es jetzt nicht bei der Hand. Der David Guggeli hat das sehr schön in seinem Buch geschrieben. Da kommt es vor und ich glaub er zitiert aber jemanden und das müssen wir beide leider da nachschauen. Diese Vorstellung, dass das Alternativnutzungen sind von den Computern, ist schon falsch, weil das ist ein Normalzugang dieser Spiele. Die waren jetzt nicht so, dass man, er zitiert da ja auch, dass da von Missbrauch geredet wird, also Missbrauch von Geräten, die eigentlich für was anderes da sind. Aber wir müssen uns jetzt noch mal in Erinnerung rufen, was wir am Anfang gesagt haben. Man wusste ja teilweise nicht, was man damit macht. Also sicher, es gab schon die eine Schiene der Vermarktung von Personal Computern war, aber das wird ihnen das Leben so erleichtern in den 80er Jahren. Also Sie machen jetzt ihre ganzen Bilanzen damit und Textverarbeitung. Aber tatsächlich, wenn man sich anschaut, Textverarbeitung auf dem Computer in den 80er Jahren war in Unternehmen eine voll elektronische Schreibmaschine. Mit dem Computern Text zu schreiben hat sehr, sehr viel länger gebraucht und auch beim Bilanzen ziehen. Also man kann eigentlich immer davon ausgehen, dass Leute, die schon Erfahrung in etwas hatten, das sehr viel schneller machen konnten als mit den Computern. Was nicht heißt, dass es nicht heute sehr viel schneller geht, mit Computern aber damals noch nicht. Insofern war es keine... Also du hast es wurde als alternative Nutzung sehr oft gefragt, aber es war keine, sondern es war der normale Zugang. Und es ist auch so, bei der Melanie Swallwell kann man das für Australien und Neuseeland nachlesen. Die meistverkaufte Software sehr häufig waren Spiele und nicht die Tabellenkalkulation oder sonstiges.

Eliane Gerber

Inwiefern schaut ihr euch da auch diese, die die Vermarktung von Spielen und auch Spiele als Teil von Vermarktung von Digitalität an?

Eugen Pfister

Wir schauen uns an, also ganz konkret die Hiloko [Kato, ZHdK] schaut sich zum Beispiel den Diskurs in den Medien an, auch, aber nicht nur die Hiloko, sondern auch der Pierre-Yves [Huvel, Uni Lausanne], die schauen sich sehr stark den öffentlichen Diskurs an, von Computerspielen und im Weiteren überhaupt von Personal Computern. Also der Pierre-Yves arbeitet jetzt auch zu Computermessen in den 80er Jahren, was auch extrem spannend ist, weil sehr viele Sachen, die wir jetzt auch für für natürlich halten, wir dieser Zugang jetzt, dass Spiele eigentlich eine alternative Nutzung sind, die kommen aus dieser Zeit. Also da wurde ein Diskurs geprägt, den wir heute noch teilweise verhaftet sind.

Eliane Gerber

Ja, das sind ganz viele interessante Fragen, die jetzt wieder über diese Zeit, wo wir miteinander gesprochen haben, berührt haben. Du hast vorhin erwähnt, dass sie gerade daran seit den ersten Blogpost zu schreiben. Wann und wo können Leute diesem Projekt auch folgen?

Eugen Pfister

Es gibt uns jetzt seit drei Monaten. Wir haben jetzt eine Webpage, die aber noch nicht fertig ist. Und wir haben einen Blog, der existiert zwar schon unter chludens.hypophyses.org. Es tut mir leid, wir haben eine längere URL, aber das ist über eine sehr, sehr coole wissenschaftliche Plattform. Am besten man googelt einfach Confoederatio Ludens, dann findet man uns schon oder CH Ludens. Und ich muss schauen, wie sieht es mit der Zeit aus? Aber ich würde gern auf jeden Fall diesen Monat noch den ersten Blogpost zu unserem Kick off-Meeting starten. Wir haben auch schon eine erste fertige Fallstudie, mit der wir jetzt noch kurz warten, weil wir gerade Interview-Antworten noch dazu bekommen haben. Wir sitzen gerade an einer zweiten Fallstudie. Kolleginnen aus Lausanne haben auch schon auch einen Text bei mir liegen, schon einen allerersten. Muss ich jetzt schauen, ich habe ihn mir noch nicht angeschaut. Ich glaube, der ist zu diesem Computermessen teilweise. Und wir werden einfach schauen, wir sehr, sehr regelmäßig wir einfach zeigen, was wir da machen.

Arno Görgen

Tja, also der Homo helveticus ist also auch ein Homo ludens. Darüber haben wir heute mit Eugen Pfister gesprochen. Vielen Dank, Eugen, dass du bei uns war. Das hat mir persönlich großen Spaß gemacht. Und ja, beschere uns bald mal wieder. Vielen Dank.

Eugen Pfister

Danke sehr, dass ich da sein darf.

Arno Görgen

Und alle wichtigen Infos zur aktuellen Folge findet ihr in den Footnotes Wir würden uns freuen, wenn es euch gefallen hat. Falls ja, teilt gern den Podcast, erzählt allen, die es hören wollen und auch denen, die es nicht hören wollen, dass es uns gibt und das und zwingt sie zum Lauschen. Das ist nämlich in jedem Fall immer eine spannende Sache, sowohl für uns und hoffentlich auch für euch. Ich bin Arno Görgen.

Eliane Gerber

Und ich bin Eliane Gerber.

Arno Görgen

Und wir sind Design. Macht. Gesellschaft. Aktuelles aus Design Forschung. Macht's gut, ihr Lieben. Tschüss.

Kommentare (1)

settembrini

Nicht ein einziges Schweizer Spiel oder Designerin wurden erwähnt. Ein einziger Schweizer Künstler(in?) wird sehr kurz angesprochen, aber dessen(ihr?) Name bleibt auch geheim. 45' lang Dünnbrettbohrerei, Allgemeinplätze und Antrags-/Projektgeschwalle. Traurig. Und für Leute, die sich tatsächlich für Inhalte interessieren: enttäuschend.

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